Sooo, ihr lieben Leute! Jetzt habe ich endlich mal Zeit, euch von meinen zwei ereignisreichen Wochen zu berichten. Ich war dabei stehen geblieben, wie Lisa, Stephan und ich aus einem Flugzeug sprangen. Aber nach dem Nervenkitzel folgte wieder der Alltag. Unsere fünfte Woche als Au Pairs bei der Familie Castle brach an. Am Montag wurde die Lisa allerdings krank, sodass ich für uns beide arbeiten musste. Aber meine Arbeitswoche sollte nicht allzu lang werden. Am Mittwoch Abend verkündeten wir der Familie, dass wir den Job kündigen wollten. Und das aus einem guten Grund; als wir dem Job schon zugesagt hatten, wurde uns von dem Vater erzählt, die Kinder hätten Läuse. Wir müssten uns aber nicht sorgen; die Angelegenheit wäre in einer Endphase und wir sollten einfach darauf achten, jeden Tag unsere Haare zu waschen. Zu dieser Zeit war mir das Ganze schon sehr unangenehm. Läuse sind immerhin das Letzte, das man während seiner Reise mit sich herum tragen möchte. Aber wir sorgten u s nicht allzu sehr darüber. Noch nicht. Die Wochen vergingen und es geschah nichts. Auch wenn Lisa und ich das Thema immer wieder ansprachen und die Kinder auch mit einem Mittel behandelten, fanden wir immer wieder neue Nissen auf den Köpfen der Kinder. Die Eltern nahmen die Angelegenheit anscheinend noch nicht einmal halb so ernst wie wir. Schon sehr früh machten Lisa und ich uns aus: finden wir auch nur eine Laus bei uns, gehen wir. Sofort. Und der Tag kam leider auch. Am Dienstag Abend nach unserem Taupo-Wochenende fand Lisa eine Laus auf meinem Kopf und ich eine bei ihr. Somit stand für uns fest: wir gehen. Wir hatten uns sowieso nie sehr willkommen und wohl gefühlt. Manchmal wurde mit uns geredet wie mit kleinen Kindern, die Eltern hatten sich nie für uns interessiert und wir fühlten uns mehr wie niedere Arbeitskräfte als Familienmitglieder. Am nächsten Abend kündigten wir also. Und plötzlich zeigte die Gastmutter ihr wahres Gesicht. Wir seien sehr egozentrisch, seien ihr eh nie eine große Hilfe gewesen (die Woche davor hatte sie noch geweint und sich dafür entschuldigt, dass sie sich bisher noch nie für unsere große Hilfe bedankt hatte) und wir sollten doch bitte gleich morgen gehen - selbstverständlich könnten wir nicht so lange bleiben, bis wir etwas Neues gefunden haben. Und das war der Moment, in dem ich mir 100% ig sicher war, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, den Job zu kündigen. Mehr erleichtert als betrübt packten wir noch am selben Abend unsere Rucksäcke, um dann am nächsten Morgen abzureisen. Die Abreise verlief dann aber anders als erwartet. Wir waren gerade aufgestanden und hatten uns angezogen, da klopfte die Gastmutter an unserer Tür. Sie habe da noch eine Rechnung für uns, sagte sie. Das fanden wir sehr komisch. Sie schuldete uns doch noch Geld. Lisa wartete noch auf ihren Gehalt von letzter Woche, mir schuldeten sie noch einen großen Betrag durch Tanken und diverse Einkäufe sowie meinen Gehalt von anderthalb Wochen. So genau und bürokratisch, wie unsere Gastmutter war, gab sie uns eine Liste von unseren letzten Arbeitsstunden, meinen Tankrechnungen sowie einer Rechnung für eine zweiwöchige Day Care in Höhe von fast $1000. Da wir früher gingen als abgemacht, so verkündete sie uns, seien wir ihr schuldig, die Day Care zu bezahlen, die sich statt unser um die Kinder kümmere, bis sie ein neues Au Pair Mädchen gefunden habe. Lisa und mir klappte die Kinnlade herunter. Damit hatten wir beide nicht gerechnet. Es war nie die Rede davon gewesen, dass bei vorzeitiger Abreise solche Kosten auf uns zukämen. Wir hatten auch nie einen Vertrag gehabt, der so etwas festlegte. Diskutieren half auch nicht - wir sollten unser Geld, das sie uns schuldete, nicht bekommen. Ganz im Gegenteil - wir sollten ja noch etwas bezahlen. Sprachlos und wütend verließen wir das Haus der Castles ohne ein Wort des Abschieds. Wir kamen erst einmal im YHA Tauranga unter. Dort trafen wir auch auf offene Ohren für unser Problem und wir wurden zu einer Anwältin geschickt, die uns vielleicht helfen könnte. Sie beschäftige sich auch sehr intensiv mit unserem Fall und versprach uns, dass wir unser Geld zurück bekämen. Noch besser sogar; wir hatten einen Anspruch auf einen Mindestlohn, der uns nicht bezahlt wurde. Unsere Situation war also doch nicht so aussichtslos. Es sollte allerdings 3-4 Wochen dauern, um den Fall und die Rechtslage zu prüfen. Aber nach jedem Regentag kommt folglich wieder der Sonnenschein. Schon kurze Zeit nach unserem Auszug aus dem Amerikanderhaus fanden wir ein Hostel hier in Tauranga, das uns einen Job in einem Kiwi- und Avocadopackhaus von Apata vermitteln konnte. Wir glücklichen. Das Apple Tree Backpackers ist zwar kleiner, um einiges dreckiger und enger als das YHA, in dem wir zuvor waren, aber wir bezahlen auch deutlich weniger Geld für die Unterkunft und alles ist viel familiärer. Der Besitzer ist ursprünglicher Samoanerund voll entspannt. An unserem Ankunftstag, dem Samstag, war er bereits um halb sechs Uhr abends betrunken, seine Frau, eine ehemalige Grundschullehrerin, putzt (nicht gerade gründlich) ungefähr einmal die Woche in ihren hochhackigen Schuhen das Hostel und fast jedes Wochenende gibt es, ob mit oder ohne Grund, eine Party im Hinterhof mit Musik, Sushi und Karaoke. Die Bewohner sind zu 80% deutsch, aber man versteht sich gut und versucht, sich auch mit den Nicht-Deutschen (welche aus drei Franzosen, zwei Asiaten und einer Amerikanerin bestehen) zu verständigen. Am Sonntag fuhr das gesamte Hostel an den Mount Maunganui Beach und genoss den sonnigen Tag. Da Neuseeland geografisch gesehen sehr nahe am Ozonloch liegt und die Ozonschicht hier ziemlich dünn ist, ist die Sonne sehr aggressiv. Dadurch ist Neuseeland auch das Land mit der größten Hautkrebs-Rate. Man muss echt aufpassen, dass man immer genügend eingecremt ist - ein Sonnenbrand kann hier sehr gefährlich werden. So leichtsinnig, wie kleine Mädchen wie ich nunmal aber sind, cremte ich mich überall ein, nur am Bauch nicht. Mein Experiment, mir von Lisa einen Sonnencreme-Handabdruck auf dem Bauch machen zu lassen, brachte mir am Ende dieses Tages auch die Erkenntnis, dass man sich unbedingt eincremen muss; ihre Hand war auf meinem Sonnenbrand klar und deutlich zu sehen (Achtung, bitte nicht nachahmen. Neuseeländischer Sonnenbrand kann schmerzhaft sein :/ ). Am Montag, unserem ersten Arbeitstag, wurden wir in das große Geheimnis des Kiwisortierens eingeführt. Die Kiwipflücksaison findet um den April herum statt. Danach werden die Kiwis sortiert, verpackt und in Kühllager gebracht, wo sie bis zum Oktober verweilen, um dann noch einmal sortiert, verpackt und ins Ausland verschifft zu werden. Und dort begann unsere Arbeit: Man steht an einem Laufband, bekommt eine Kiste voller Kiwis und sortiert die schlechten aus. Dazu nimmt man beide Enden der Kiwi in Daumen und Zeigefinger, sucht nach Druckstellen, rollt sie dann über die Handfläche und tastet sie nach weichen Stellen ab. Ist eine Kiwi weich oder besitzt kleine Druckstellen, fällt sie schon unter den Begriff "schlecht" und wird aussortiert. Es braucht ein wenig Übung, herauszufinden, welche Kiwi zu weich ist und welche gut genug, um den 6-wöchigen Weg nach Europa bzw. den 3-wöchigen Weg nach Asien zu überstehen, ohne zu faulen. Man muss sehr gründlich und schnell arbeiten, um den Anforderungen gerecht zu werden. Deswegen wurde unsere Arbeit anfangs noch von einem Supervisor gecheckt. Leider war dieser nicht zufrieden mit uns uns "degradierte" uns schon nach zwei Stunden in die Avocadoabteilung. Ich fühlte mich wie ein Versager :D Allerdings machte mir die Arbeit im Avocadopackhaus dann mehr Spaß; man steht wieder an einem Laufband und vor sich hat man einen leeren Karton, den man mit Avocados füllen muss, die einem aus einer Öffnung des Laufbands förmlich entgegen geschleudert werden. Es ist keine sehr anspruchsvolle Arbeit, allerdings denkt man nach 9 Stunden am Laufband Stehen, auf große, weiße Lagerhallenwände Starren und im Akkord Avocados Einsortieren, man müsse sterben. Aber der Zweck heiligt die Mittel; jede Stunde Arbeit bedeutet $13,75 Brutto. Man lernt, dankbar dafür zu sein, den ganzen Tag an einem blöden Laufband zu stehen und blöde Avocados einzusortieren. Man ist aber auch dankbar darüber, diesen Job nicht bis ans Ende seiner Tage ausüben zu müssen. Mein persönlicher Traumjob wäre es nicht, aber ich bin froh, diese Erfahrung machen zu können. Zudem sind die Haarnetze, die man aus hygienischen Gründen tragen muss, einfach unschlagbar fesch ^^ Und man darf sich die aussortierten Avocados und Kiwis mit nach Hause nehmen. Jetzt haben wir erst einmal bis einschließlich Montag frei; es ist Labour Weekend. Lisa und ich haben schon Kiwisaft und Kiwieis gemacht, morgen backen wir Brot - endlich wieder selbst gemachtes, deutsches Brot! *_* Ich hoffe, euch geht es gut und wir hören uns bald wieder. Bis dahin, tüdelü :)
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